Spanien: Welche Chancen bietet die „grüne Legislaturperiode“ ausländischen Investoren?

30.01.2020 - Stefan Meyer

Stefan Meyer Abogado & Rechtsanwalt +34 91 319 96 86

Die neue Koalitionsregierung Spaniens setzt klare Schwerpunkte in der kommenden Legislaturperiode: Kampf gegen den Klimawandel und die Landflucht in Spanien. Ministerpräsident Pedro Sánchez spricht von einer „grünen Legislaturperiode“.

Welche unmittelbaren und relevanten Energie- und Umweltmaßnahmen sind geplant?

  • Gesetz zu Klimawandel und Energiewende: Dieses historische Gesetz, das Ley de Cambio Climático y Transición Energética, wird dem spanischen Abgeordnetenhaus in weniger als 100 Tagen zur Entscheidung vorgelegt. Es stellt eine gerechte Energiewende sicher und die Pflicht zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Ziel ist die Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2050 auf Grundlage einer zu 100% aus erneuerbaren Energien gespeisten Stromversorgung (2040: zwischen 85% und 95%), emissionsfreien Fahrzeugen sowie CO2-neutraler Landwirtschaft. Die mit dem Gesetz entwirft auch Steuer-, Haushalts- und Finanzsysteme, die mit der notwendigen Dekarbonisierung der Wirtschaft und Gesellschaft vereinbar sind.
  • Nationaler Energie- und Klimaplan: Der Plan Nacional Integrado de Energía y Clima (PNIEC) wurde von der European Climate Foundation als einer der besten Klimapläne Europas eingestuft und befindet sich derzeit in der letzten Bearbeitungsphase. Lediglich die EU-Kommission muss ihm noch zustimmen. Dieser Plan fasst die wichtigsten Vorteile für Wirtschaft, Industrie, Beschäftigung und die öffentliche Gesundheit in Spanien zusammen. Er umfasst neben Energiesparmaßnahmen und der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien Investitionen in Höhe von 241 Milliarden Euro zur Förderung erneuerbarer Energien, von Elektrifizierungsprojekten sowie zur Ertüchtigung der Stromnetze. Auch der Strommarkt ist Gegenstand einer Reform. Diese zielt auf die Abschaffung der Vergütungsungleichheit ab, da die Subventionen der Energiebranche nicht mehr gerechtfertigt sind, da sie längst zurückgeflossen sind.
  • Kompensationsfonds für Umweltschäden: Im Rahmen dieses Projektes sind Prämienaufschläge für die Pflichtversicherungspolicen geplant, die Betreiber von wirtschaftlichen Tätigkeiten zahlen müssen, wenn diese Tätigkeiten Umweltschäden verursachen können.

Welche Chancen ergeben sich daraus für ausländische Investoren? Was müssen die bereits in Spanien in dieser Branche aktiven Unternehmen beachten?

Angesichts dieser staatlichen regulatorischen Rahmenbedingungen, ihrer raschen Umsetzung, sowie der fortgeschrittenen Entwicklung auf Ebene der Autonomen Regionen zeichnet sich unbestreitbar ein neues, vielversprechendes Szenarios für Investoren ab, die an den Märkten für grüne Anleihen, erneuerbare Energien, effiziente Anlagen und umweltfreundlichen Verkehr interessiert sind.

Die von staatlicher Seite eingegangenen Verpflichtungen erfordern auch das Engagement der spanischen produzierenden Industrie. In diesem Zusammenhang müssen sich nun viele Unternehmen an die neuen Erfordernisse anpassen. Für viele bedeutet das zunächst zusätzliche Anstrengungen. Gleichzeitig bieten sich jedoch denjenigen neue Chancen, die ihre Geschäftsmodelle an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen.

Auch der Bürger oder Konsument wird in diesen Prozess der Erneuerung der nationalen Wirtschaft eingebunden. Einerseits wird die tarifliche und bürokratische Last erleichtert, andererseits kann er sich als weiterer Marktteilnehmer am Prozess der Energieerzeugung, – Einsparung und -effizienz zu beteiligen.

Die neuen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen implizieren die Ausweitung und Umgestaltung eines neuen Marktes der Möglichkeiten für alle Investoren, da nicht nur öffentliche Einrichtungen zur Wahrung des klimatischen Gleichgewichts verpflichtet werden, sondern auch die Industrie und die Bürger in die Pflicht genommen werden.

Andoni Archanco Ardanaz
Spanischer Rechtsanwalt spezialisiert auf Erneuerbare Energien