Erbrechtsreform in Deutschland ab 1. Januar 2010

11.02.2010

Aufgrund der geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Wertvorstellungen hat der deutsche Bundestag am 02.07.2009 eine Gesetzesnovellierung zum Erbrecht beschlossen, die am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist und für alle Erbfälle ab dem 1. Januar 2010 gilt. Kernpunkt ist die Modernisierung des Pflichtteilsrechts, also die gesetzliche Mindestbeteiligung aller Angehörigen am Erbe.

 

1. Modernisierung der Pflichtteilsentziehungsgründe
Als Ausdruck der Familiensolidarität steht Abkömmlingen, Eltern, Ehegatten oder Lebenspartnern nach dem Pflichtteilsrecht die Hälfte des gesetzlichen Erbteils am Nachlass zu, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Um die Testierfreiheit des Erblassers zu stärken (also durch Verfügung von Todes wegen über seinen Nachlass zu bestimmen), wurden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen. Zum Einen gelten nunmehr die Entziehungsgründe einheitlich für Abkömmlinge, Eltern, Ehegatten oder Lebenspartner. Zum Anderen werden künftig alle Personen geschützt, die dem Erblasser ähnlich wie ein Ehegatte, Lebenspartner oder Kind nahe stehen, z. B. Stief- und Pflegekinder. Neu eingeführt wurde die Berechtigung des Erblassers, den Pflichtteil zu entziehen, sofern der Pflichtteilsberechtigte zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wurde und ein Pflichtteilsrecht an dem Nachlass für den Erblasser unzumutbar ist.

2. Stundung bei Auszahlung des Pflichtteils
Besteht der Nachlass im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder Unternehmen, das für die Familie die Lebensgrundlage bietet, mussten die Erben diese Vermögenswerte bislang oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Durch die Erbrechtsreform wird künftig jeder Erbe vor einer überstürzten Veräußerung bzw. Zerschlagung von Vermögenswerten durch die Geltendmachung eines Stundungsrechtes unter erleichterten Voraussetzungen gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten geschützt.

3. Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch
Nach bisherigem Recht konnte der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass vor dem Todesfall vom Erblasser verschenktes Vermögen in die Berechnung des Nachlasses bzw. Pflichtteiles einfließt, sofern die Schenkung innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor dem Erbfall stattgefunden hat. Die Erbrechtsreform sieht vor, dass eine Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell je weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt. Sind zwischen dem Erbfall und der Schenkung zehn Jahre verstrichen, bleibt die Schenkung nach wie vor unberücksichtigt. Bei einer Ehegattenschenkung beginnt dagegen die Zehnjahresfrist erst mit Auflösung der Ehe durch Scheidung.

4. Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich
Künftig hat ein Abkömmling unabhängig davon, ob er für die Pflegeleistungen auf eigenes berufliches Einkommen verzichtet hat, einen Anspruch auf einen Ausgleichsbetrag, wenn er eine entsprechende Pflegeleistung gegenüber dem Erblasser erbracht hat. Für die Berechnung wird von dem Nachlass zunächst der Ausgleichsbetrag abgezogen und dann der Rest nach der Erbquote verteilt.

5. Abkürzung der Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen
Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, wird mit der Neuregelung auch die bisherige Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen von 30 Jahren an die dreijährige Regelverjährung der Schuldrechtsreform von 2001 angepasst. Nur in besonderen Fällen, gilt auch in Zukunft eine längere Frist.

Für nähere Informationen steht Ihnen Florian Frank unter [email protected]  gerne zur Verfügung.