Immobilienfinanzierung in Spanien: Banken erneut auf dem Prüfstand

Veröffentlicht am 07.11.2018

Begleitet von einem großen Medienrummel lässt der Dritte Senat des Obersten Spanischen Gerichtshof in Madrid am 6. November 2018 in einem knappen Informationsschreiben verlauten: die Kosten der Stempelsteuer (Impuesto de Actos Jurídicos Documentados) trägt der Darlehensnehmer (prestatario) eines hypothekarisch gesicherten Darlehens. Eine aufsehenerregende Entscheidung mit erheblichem sozialem „Sprengstoff“.

Zur spanischen Stempelsteuer

Die Stempelsteuer findet ihre rechtliche Grundlage in dem königlichen Gesetzesdekret 1/1993 vom 24. September 1993 und wird im Rahmen der Beurkundung eines hypothekarisch gesicherten Darlehens, z.B. beim Kauf einer Immobilie, einmalig erhoben. Der Steuersatz hängt vom jeweiligen Hypothekenbetrag und der jeweiligen autonomen Gemeinschaft in Spanien ab. Beispielsweise beträgt der Stempelsteuersatz in der Autonomen Gemeinschaft Madrid 0,75 %, in Andalusien 1,5 %. Sie ist damit die höchste Kostenposition im Rahmen einer Hypothekenfinanzierung.

Hintergrund

Bisher galt in der gefestigten spanischen Rechtsprechung, dass der Darlehensnehmer im Hinblick auf die Stempelsteuer der Steuerpflichtige (sujeto pasivo) sei.

Mit einer überraschenden Entscheidung vom 16. Oktober 2018 (recurso 5350/2017) wichen die an der Entscheidung beteiligten Richter der zweiten Kammer des Dritten Senates (Sala de lo Contencioso-Administrativo) nun von dieser seit rund 20 Jahren gefestigten Rechtsprechung diametral ab. Nach dieser Entscheidung habe das jeweilige Kreditinstitut (entidad de crédito) die Stempelsteuer zu tragen. Die Richter stellen darauf ab, dass das eintragbare Verfügungsgeschäft die Hypothek sei. Alleine das Bank- und Finanzinstitut als Darlehensgeber (prestamista) sei an der Erhebung der Urkunde zu einer öffentlichen Urkunde und einer späteren Eintragung im Eigentumsregister interessiert.

Ein medialer und gesellschaftlicher Aufschrei sowie große Unsicherheit folgten in den darauffolgenden Tagen. Auf der einen Seite diejenigen, die sich empörten, möglicherweise zu Unrecht eine Steuer bezahlt zu haben. Auf der anderen Seite Bank- und Finanzinstitute sowie die spanischen Finanzämter, die sich im schlimmsten Falle Rückzahlungsansprüchen in Milliardenhöhe ausgesetzt sahen. Denn auch die Frage der „Rückwirkung“, die in der spanischen Verfassung nicht eindeutig verboten ist, stand im Raume.

Der Vorsitzende Richter des Dritten Senats berief angesichts der überaus sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung ein bisher noch nie da gewesenes Plenum aus 28 Berufsrichtern (magistrados) für den 5. November ein, um die durch die Entscheidung vom 16. Oktober 2018 hervorgerufene Rechtsunsicherheit zu analysieren und zu bestimmen, welche Kriterien künftig gelten sollen. Nachdem die intensiven Beratungen an diesem Tage zu keinem Ergebnis führten, kamen die Richter erneut am darauffolgenden 6. November zusammen. Die schriftlichen Entscheidungsgründe stehen allerdings noch aus. Die Entscheidung von 15 zu 13 Stimmen, die Steuerpflicht des Darlehensnehmers beizubehalten, deutet auf ein gespaltenes Plenum hin.

Bereits heute, am 7. November, hat die spanische Regierung geplante Reformen des Hypothekengesetzes angezeigt. Dabei ist dem spanischen Gesetzgeber durchaus bewusst, dass in einem Land, in dem 85 % der Haushalte im Eigenheim und nicht zur Miete wohnen, einer funktionierenden Hypothekenfinanzierung eine herausragende Bedeutung zukommt.