Die Auswirkung der Covid-19-Krise auf das spanische Versicherungswesen

17.04.2020 - Vanessa Guzek

Das Königliche Gesetzesdekret 8/2020 vom 17. März, das am 18. März im Staatsanzeiger veröffentlicht wurde, legt außerordentliche Dringlichkeitsmaßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des COVID-19 fest, wie z.B. die Einschränkung der in Artikel 7 geregelten Bewegungsfreiheit von Personen, sowie die Eindämmungsmaßnahmen im Bereich der gewerblichen Tätigkeit, der kulturellen Einrichtungen, der Freizeiteinrichtungen und -aktivitäten, der Hotel- und Restauranttätigkeit und andere zusätzliche Maßnahmen, die in Artikel 10 des Gesetzesdekrets festgelegt sind.

Auswirkungen von Covid-19 auf Versicherungsverträge in Spanien

Ein wichtiger Aspekt bei der Analyse der Auswirkungen von Covid-19 auf die Unmöglichkeit der Unternehmen, ihren vertraglichen Verpflichtungen in ihren Geschäftsbeziehungen nachzukommen, ist die Überprüfung der von ihnen abgeschlossenen Versicherungspolicen und die Beurteilung, ob die Schäden, die sich aus den aufgrund der COVID-19 Krise im Dekret verordneten Maßnahmen, sowie diejenigen, die sich direkt aus dem Coronavirus ergeben  durch sie gedeckt werden oder zusätzliche spezielle Versicherungspolicen neu vereinbart werden sollten.

Allgemeiner Haftungsausschluss: force majeure

In der Regel werden, ohne eine konkrete Analyse der einzelnen Versicherungsbedingungen durchgeführt zu haben, diejenigen Ansprüche, die aus einem so genannten Ereignis höherer Gewalt – force majeure – entstehen, ausdrücklich von den Policen ausgeschlossen, weil sie weder vorhersehbar noch durch bekannte oder durchführbare Maßnahmen zur Risikominderung vermeidbar sind.

In Anbetracht des oben Gesagten, weist das COVID-19 gemäß der Einstufung des durch die WHO als PANDEMIE und die aufgrund der von den einzelnen Staaten, Agenturen und Weltinstitutionen  durchgeführten Maßnahmen, alle Merkmale auf, die als force majeure zu betrachten sind, so dass die Versicherer daher von der gesamten finanziellen Belastung befreit wären.

Anwaltliche Überprüfung der Versicherungspolicen

Die überwiegende Mehrheit der Versicherungspolicen im Bereich der zivilrechtlichen Haftpflicht schließt in der Regel Ereignisse, die durch höhere Gewalt verursacht wurden, von ihrer Deckung aus. Allerdings schadet es nie, eine anwaltliche Überprüfung sämtliche mit den Versicherungen abgeschlossene Policen in Auftrag zu geben, um zu sehen, ob solche Schäden aufgrund der aktuellen Pandemie durch sie gedeckt werden können oder nicht.

Sorgfaltspflicht der Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern

Zu berücksichtigen ist hierbei auch die Rechtsprechung des Spanischen Obersten Gerichtshofes in Fällen von außervertraglichem Verschulden, die besagt, dass „bei der Herbeiführung des schädigenden Ereignisses, so bedauerlich es auch sein mag, kein wie auch immer geartetes Verschulden des Beklagten eingriff, sondern dass es ausschließlich auf ein unvorhersehbares Ereignis höherer Gewalt zurückzuführen ist, die Haftung des Beklagten ausgeschlossen werden muss“.

Daher wird es notwendig sein, in außerordentlichen Fällen, wie wir sie mit dem COVID-19 erleben, Schäden zu verhindern, um mögliche Haftungsansprüche gegen das Unternehmen zu vermeiden, unter Berücksichtigung der weiterhin bestehenden Sorgfaltspflicht der Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern. Es ist notwendig, die von den zuständigen stattlichen Stellen empfohlenen Maßnahmen zu ergreifen und auch einzuhalten, sowie notwendigen Protokolle durch die Unternehmen zu erstellen, die dem Nachweis dienen, dass sämtliche verordnete Maßnahmen durch das Unternehmen umgesetzt werden  und diesen auch nachgekommen wird.

Zugesagte Deckungen durch spanische Versicherungsunternehmen

Im Bereich der Krankenversicherungen haben die spanischen Privatversicherer angesichts der Zweifel, die hinsichtlich der Versicherungsdeckung des Coronavirus aufgetreten sind, bereits ihre Meinung geäußert. Laut der von dem spanischen Versicherungswirtschaftsverband „UNESPA“ veröffentlichten Pressemitteilung werden die Versicherungsunternehmen in Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Gesundheitssystem des Landes die Kosten für die Versorgung der infizierten Patienten übernehmen. Auch die Lebensversicherungsgesellschaften zahlen derzeit die entsprechenden Entschädigungen für die durch Coronavirus versicherten Todesfälle und liefern die Versicherungssummen an die vorgesehenen Begünstigten aus. Die Reiseversicherungsgesellschaften zahlen derweil, innerhalb der vertraglich festgelegten Grenzen, für die medizinische Versorgung der Versicherten, die sich während einer Reise mit dem Coronavirus infiziert haben. Es werden bisher auch die Reise-, Unterbringungs- und Aufenthaltskosten von mindestens einer Begleitperson des Patienten abgedeckt.

Internationale Umfrage der IAIS

Die Internationale Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden („IAIS“),die die Verantwortlichen für die Überwachung der Versicherungswirtschaft in mehr als 200 Ländern der Welt zusammenfasst – nach den Prognosen der Experten eines der am stärksten betroffenen Länder – kündigte an, dass sie „in den nächsten Tagen“ eine Umfrage unter ihren Mitgliedern starten wird, um die Auswirkungen des Coronavirus auf die Versicherungssektoren in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zu verstehen. Das Projekt versucht auch, „die verschiedenen Aufsichtsmaßnahmen zu verstehen, die umgesetzt wurden oder in Erwägung gezogen werden“.

Die spanische Generaldirektion für Versicherungen und Pensionsfonds („DGSFP“) wird als Mitglied der internationalen Organisation an diesem Prozess teilnehmen, der darauf abzielt, den Informationsaustausch angesichts des Ernstes der Situation und ihrer besonderen Auswirkungen auf das Versicherungsgeschäft zu erleichtern, wie es von verschiedenen Analysediensten, wie dem von Allianz Global Investors, erwartet wird.

Vanessa-Ariane Guzek Hernando
Rechtsanwältin, Abogada & Europajuristin
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