Coronavirus – Zivilverfahren: Spanien nimmt Gerichtsbetrieb teilweise wieder auf

14.04.2020 - Michael Fries

Michael Fries Abogado & Rechtsanwalt +34 91 319 96 86

Per Ministererlass hat das spanische Justizministerium heute in Abstimmung mit dem Generalrat der Justiz (Consejo General del Poder Judicial) die vollständige Öffnung des elektronischen Gerichtsfachs (Lexnet) verfügt. Damit können mit Wirkung zum 15. April 2020 wieder Klagen, Berufungen, Revisionen und jede Art von Schriftsätzen wieder auf elektronischem Wege bei Gericht eingereicht werden.

Es handelt sich im Justizverwaltungsbereich um den ersten Schritt in Richtung einer Rückkehr zur Normalität, nachdem der Alarmzustand zwar mittels Königlichem Dekret 487/2020 vom 10. April um weitere 15 Tage verlängert wurde, aber die damit verbundene Ausgangssperre hinsichtlich nicht lebenswichtiger Wirtschaftsbereiche gelockert wurde.

Nachdem die Zivilverfahren außer in besonderen Eilfällen völlig zum Stillstand gekommen waren, wird nun unter Anwendung besonderer Schutzmaßnahmen (Ausgabe von Desinfektionsmittel, Schutzhandschuhe und -masken, Einhaltung des Sicherheitsabstands) der Gerichtsbetrieb zunächst im Notdienst-Modus eingeschränkt wieder aufgenommen. Nach den Vorstellungen des Justizministeriums handelt es um die Vorstufe zur vollen Aufnahme der Justizverwaltungstätigkeit, wenn es die gesundheitsbehördlichen Auflagen wieder zulassen.

Es soll so der erwarteten Prozesslawine nach 4 Wochen Stillstand und des daraus resultierenden Gerichtskollaps vorgebeugt werden. Der Justizminister empfiehlt in diesem Zusammenhang eine „gemäßigte Einreichung von Schriftsätzen, um deren Verteilung mit den vorhandenen Mitteln zu gewährleisten“.

Die reduzierte Wiederaufnahme des Gerichtsbetriebs schließt neben sämtlichen Zivilverfahren und dem elektronischen Gerichtsfach auch die Tätigkeit des Zivilstandsregisters hinsichtlich der Eintragung von Geburten und Todesfällen ein.

Um die Wiedereröffnung des Publikumsverkehrs zu gewährleisten, wird die Präsenz der Gerichtsbeamten im Turnus-Betrieb angeordnet. Das gesamte Gerichtspersonal hat während der Dienstzeit zur ständigen Verfügung bereit zu stehen. Die Gerichtsbeamten, die über die entsprechenden informationstechnischen Einrichtungen verfügen, können ihren Dienst aus dem Homeoffice leisten.

Konkret sieht der Ministererlass die folgende Besetzung der Gerichte in Zivil- und Handelssachen vor:

Gerichte Erster Instanz (Juzgados de Primer Instancia) / Handelsgerichte (Juzgado de lo Mercantil)

  • 1 Urkundsbeamter (Letrado de la Administración de Justicia) je 10 Gerichtsabteilungen
  • 10% des übrigen Justizpersonals je Gerichtsabteilung
  • 1 Verwaltungsbeamter je Gerichtsabteilung
  • 1 Hilfsbeamter je 4 Gerichtsabteilungen

Berufungsgericht (Audiencia Provincial) und Revisionsgerichte (Tribunal Superior de Justicia, Tribunal Supremo)

  • 10% der Urkundsbeamten
  • 1 Verwaltungsbeamter und 1 Hilfsbeamter je Kammer bzw. Senat
  • weitere nach dem Ermessen des Urkundsbeamten erforderliche Beamte zwecks Registrierung und Verteilung der anhängigen Schriftsätze.

Die eingeschränkte Wiederaufnahme des Gerichtsbetriebs umfasst nicht die prozessualen Fristen, die weiterhin gehemmt bleiben.