Spanien: Fluggäste können Entschädigungs-ansprüche gegen Fluggesellschaften durch sie vertretende Unternehmen durchsetzen lassen

28.03.2022 - Ricardo Cedrón

Das Handelsgericht Nr. 1 von Palma de Mallorca erklärt die Bösgläubigkeit von Air Europa aufgrund von Klausel 15 des Beförderungsvertrages, nach der Fluggästen die Abtretung ihrer Entschädigungsrechte untersagt ist.

Am 13. September 2021 erließ das Handelsgericht von Palma de Mallorca ein Urteil, in dem es die Aktivlegitimation von Unternehmen anerkennt, die im Namen von Fluggästen Ansprüche durchzusetzen, trotz Klausel 15 des Beförderungsvertrages von Air Europa, der wörtlich besagt: „Dem Fluggast zustehende Rechte sind höchstpersönlich und dürfen nicht abgetreten werden.“

Diese Aktivlegitimation wurde bereits im Juli in einem Urteil des Provinzgerichts der Balearischen Inseln anerkannt, da 1. diese Klausel nicht wirksam in den Vertrag aufgenommen worden sei (mit der Begründung, dass das Recht nicht aus dem zwischen Air Europa und den Fluggästen geschlossenen Vertrag erwachse, sondern aus der EU-Verordnung) und 2. Fluggästen diese Klausel nicht bekannt sei. Nichtsdestoweniger wurden in Palma de Mallorca weiterhin Klagen unter Heranziehung der richterlichen Unabhängigkeit mit der Begründung abgewiesen, dass das Recht des Verbrauchers der allgemeinen Bedingung 15 des Vertrages unterläge und eine Kontrolle von Amts wegen nicht möglich sei, wenn diese nicht seitens des Verbrauchers selbst beantragt würde (in diesen Verfahren wurde der Anspruch von einem Unternehmen im Namen des Verbrauchers geltend gemacht), was somit die Unmöglichkeit der Übertragung des Rechts implizierte. Diese Auslegung der erstinstanzlichen Richter steht in einem starken Kontrast zur Einschätzung des Provinzgerichts, was zeigt, wieso das eingangs genannte Urteil des Handelsgerichts eine besondere Relevanz besitzt.

Aus unserer Sicht sind die in dem Urteil des Handelsgerichts dargelegten Kriterien rechtskonformer als diejenigen, auf denen die Abweisungen fußen, und schützen nach unserer Einschätzung Verbraucher und Nutzer vor einem offenkundigen Missbrauch seitens der Fluggesellschaften.

Unabhängig von einer möglichen Nichtigkeit der Klausel 15 schließt das Handelsgericht, dass diese Klausel eine Missachtung des guten Glaubens seitens des Dienstleistungsanbieters darstelle und zu einem Ungleichgewicht der Rechte und Pflichten der Parteien zu Ungunsten des Verbrauchers führe.

Weiters führt das Gericht aus, dass das Abtretungsverbot zwar hinsichtlich des aus dem Beförderungsvertrag erwachsenden Rechts ausgesprochen werden könnte, jedoch nicht hinsichtlich der gesetzlich anerkannten Rechte, hier durch die EU-Verordnung 261/2004. Letztere bestünden völlig unabhängig von dem Beförderungsvertrag, da das Recht auf Entschädigung Fluggästen unabhängig davon zuerkannt werde, ob sie selbst die Fluggesellschaft beauftragt haben oder nicht. Somit entfalte die herangezogene Klausel zwar Wirkung hinsichtlich der Fluggastrechte aus dem Beförderungsvertrag, nicht jedoch hinsichtlich der gesetzlich völlig unabhängig von der Eigenschaft als Auftraggeber anerkannten Rechte.

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Bösgläubigkeit der Beklagten offenkundig sei und beschreibt ihr Verhalten als ihren eigenen vorherigen Handlungen eindeutig widersprechend, indem sie den Verbrauchern missbräuchliche Bedingungen auferlege, mit denen sie unrechtmäßig ihres Anspruchsrechts beraubt werden sollen, das ihnen auf Grundlage des Gemeinschaftsrechts zustehe.

Auch ein Missbrauch des Verfahrensrechts seitens Air Europa liegt aus Sicht des Handelsgerichts vor, da die Fluggesellschaft die Einleitung von zwei Verfahren erzwungen habe, was einen offenkundigen Missbrauch der knappen öffentlichen Ressourcen der Justizverwaltung in einigen Handelsgerichten bedeutete. Diese seien mit Anspruchsklagen von Verbrauchern gegen Fluggesellschaften völlig ausgelastet, die in vielen Fällen nicht einmal vor Gericht hätten gebracht werden müssen, wenn die Fluggesellschaften ihrer Entschädigungspflicht gegenüber den Fluggästen unverzüglich nachgekommen wären, wie von der EU-Verordnung gefordert.

Diese Überlastung ist darauf zurückzuführen, dass bei Nichtanerkennung der Aktivlegitimation der Unternehmen zur Geltendmachung im Namen des Fluggastes dieser sie im eigenen Namen geltend machen kann.

Dieses treffende Urteil wurde fast vollständig in einem identischen Fall vor dem Handelsgericht Nr. 3 von Las Palmas auf Gran Canaria herangezogen.