Berühmte Gemälde in der Mode

Veröffentlicht am 19.01.2023

Vor einigen Wochen wurde berichtet, dass die Uffizien das französische Modehaus Jean Paul Gaultier verklagt haben, weil es Botticellis Venus auf Kleidungsstücken abgebildet hat, ohne eine Genehmigung des Museums eingeholt zu haben. Eine dahingehende Abmahnung war offensichtlich ignoriert worden.

In der betreffenden Gaultier-Kollektion wurde das Bild der Venus auf Kleidern, Blusen, Hosen und Schals abgebildet. Darüber hinaus verwendete das Unternehmen auch Fragmente von Werken anderer Künstler, wie Michelangelo und Rubens.

Das Museum fordert nun von dem französischen Modeschöpfer 100.000 Euro Schadensersatz, weil er das Werk, welches sich im Besitz der Uffizien befindet, ohne Erlaubnis für die Herstellung von Kleidungsstücken und deren Vermarktung verwendet habe, wobei nicht mit dem Museum vereinbart worden sei, wie das Bild verwendet werden sollte, und ebenso wenig die entsprechende Lizenzgebühr entrichtet worden sei.

Das Gemälde, das als eines der Meisterwerke der italienischen Renaissance gilt, wurde von Botticelli um 1480 geschaffen und besitzt einen unschätzbaren künstlerischen Wert.

Die Uffizien stützen sich bei ihrer Klage auf die Tatsache, dass dem italienischen Denkmalschutzgesetz von 2004 zufolge „die Verwendung von Bildern italienischen öffentlichen Eigentums zwingend einer ausdrücklichen Genehmigung und der Zahlung einer Gebühr bedarf„.

Auch wenn es in Italien derartige spezielle Rechtsvorschriften für das kulturelle Erbe gibt, die dem Vorgehen von Gaultier entgegenstehen, ist dies aus Sicht des Urheberrechts korrekt und rechtlich zulässig, da die betroffenen Werke bereits „gemeinfrei“ sind.

Es liegt im Bestreben der Urheberrechtsgesetzgebung, ein Gleichgewicht zu erzeugen zwischen den Rechten, die Urhebern eingeräumt werden, und dem Recht der Öffentlichkeit, deren Werke in Anspruch zu nehmen. Daher haben Künstler auch die Möglichkeit, Werke früherer Künstler zu nutzen, um sich inspirieren zu lassen und Techniken zu erlernen, die sie wiederum für die Schaffung neuer Werke verwenden können.

Die von der Gemeinfreiheit und dem Urheberrecht geschaffene Rahmenstruktur sorgt für dieses Gleichgewicht zwischen den Rechten von Künstlern und den Rechten der Öffentlichkeit. Aber was genau versteht man unter „gemeinfrei“?

Hierunter fallen alle Werke, die nicht urheberrechtlich geschützt sind und daher ohne besondere Genehmigung und ohne Zahlung an den ursprünglichen Urheber verwendet werden dürfen. Das heißt, dass gemeinfreie Werke kostenlos vervielfältigt, verbreitet, bearbeitet, aufgeführt und öffentlich ausgestellt werden können, als ob sie jedermann gehörten.

Werke werden gemeinfrei, wenn:

  • die Laufzeit ihres Urheberrechtsschutzes endet. Diese ist von Land zu Land unterschiedlich, endet aber in der Regel zwischen 50 und 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
  • sie nicht die Bedingungen des Urheberrechtsschutzes erfüllen.

Wie können gemeinfreie Werke genutzt werden?

Gemeinfreie Werke können von jedermann in beliebiger Weise genutzt werden. Ein Beispiel ist „Der Schrei“, ein Gemälde des norwegischen Künstlers Edvard Munch.

Seit seiner Veröffentlichung wurde dieses Gemälde auf Postern, Kunstbüchern, Puppen, Schlüsselanhängern, Cartoons und unzähligen anderen Produkten abgebildet.

Unternehmen, die solche Reproduktionen verkaufen, müssen für die kommerzielle Nutzung des Kunstwerks, da es gemeinfrei ist, keine Lizenzgebühren entrichten. Gemeinfreie Werke wie Munchs „Der Schrei“ können von jedermann kostenlos nachgemacht, bearbeitet und verbreitet werden.

Wenn man in Bezug auf den Konflikt mit Gaultier die juristische Perspektive beiseitelässt und die kommerzielle in den Vordergrund stellt, fällt auf, dass es bereits Kleidungsstücke mit Abbildungen von Gemälden gibt, die von kleinen Betrieben oder z.B. Souvenirläden hergestellt werden, von denen Museen keine Entschädigung verlangen bzw. einklagen.

Die Zahl der Menschen, die diese Art von Kleidungsstücken kaufen, ist nämlich gering. Der Erfolg von Jean Paul Gaultiers Kollektion beruht nicht auf der Verwendung von Bildern von vor mehreren Jahrhunderten verstorbenen Malern, sondern auf dem Ansehen der Marken des französischen Unternehmens bei den Verbrauchern. Das heißt, im Grunde kauft der Konsument „Gaultier“ und nicht die Kleidung mit den Abbildungen der Gemälde darauf.

Wir werden auf jeden Fall gespannt sein, wie dieser „byzantinische Bilderstreit“ ausgeht.