Natürliche Personen, die nach Spanien entsandt oder hier als Geschäftsführer tätig werden (Stichwort: Impatriates), können die als „Beckham Law“ bekannte Sonderregelung des Artikel 93 des Gesetzes 35/2006 zur Einkommensteuer (Ley del Impuesto sobre la Renta de Personas Físicas, LIRPF) in Anspruch nehmen, sofern sie die Anwendungsvoraussetzungen erfüllen, die nachfolgend dargestellt sind. Im Fall der Inanspruchnahme der Sonderregelung würden sie dann zwar in Spanien als Steuerinländer eingestuft, jedoch nach den Regeln für Steuerausländer, d.h. nach den Regeln der Einkommensteuer für Nichtansässige (Impuesto sobre la Renta de No Residentes, IRNR) besteuert, und zwar mit dem allgemeinen Steuersatz von 24 % (bis zu 600.000 €), mit einigen Besonderheiten.
Bei der Anwendung dieser Regelung auf Geschäftsführer von Holdinggesellschaften ist jedoch auf zwei Aspekte ein besonderes Augenmerk zu legen: den Kausalzusammenhang zwischen dem Umzug nach Spanien und der Geschäftsführerbestellung sowie der (Nicht-)Einstufung der Gesellschaft als Vermögensverwaltungsgesellschaft (entidad patrimonial) im Sinne des Artikel 5 des Gesetzes 27/2014 zur Körperschaftsteuer (Ley del Impuesto sobre Sociedades, LIS), die hier im Detail analysiert werden sollten.
In diesem Zusammenhang befasst sich die verbindliche Auskunft V1068-25 der Generaldirektion Steuern (Dirección General de Tributos, DGT) mit der Anwendung der Sonderregelung auf einen eben solchen Fall, weshalb sich aus ihr wichtige Empfehlungen für die Praxis ableiten lassen.
1. Allgemeine Voraussetzungen des Beckham Law
Artikel 93 LIRPF knüpft folgende Voraussetzungen an die Anwendung der Sonderregelung:
- Erwerb der Steueransässigkeit in Spanien infolge eines Umzugs nach Spanien. In den fünf Veranlagungszeiträumen vor dem Umzug darf der Impatriate nicht in Spanien ansässig gewesen sein.
- Der Umzug muss aus einem der Gründe nach Art. 93.1.b) LIRPF erfolgen:
- Arbeitsvertrag in Spanien oder Entsendung kraft Entsendeschreiben.
- Bestellung zum Geschäftsführer einer Gesellschaft (keine Vermögensverwaltungsgesellschaft)
- Ausübung einer unternehmerischen oder hochqualifizierten professionellen Tätigkeit in Spanien (Nr. 3 und 4 des Art. 93.1.b) LIRPF).
- Der Steuerzahler darf zudem keine Einkünfte erzielen, die als über eine Betriebsstätte in Spanien erwirtschaftete Einkünfte eingestuft werden können, es sei denn, es greift eine der Ausnahmen des LIRPF.
2. Besonderheiten für Geschäftsführer von Holdinggesellschaften
In der verbindlichen Auskunft V1068-25 analysiert die DGT, wie die Sonderregelung auf den Fall eines Geschäftsführers einer spanischen Holding anzuwenden wäre. Ausschlaggebend sind dabei zwei Punkte:
2.1 Kausalzusammenhang zwischen Umzug und Geschäftsführerbestellung
Die DGT betont, dass die Voraussetzung des Art. 93.1.b) LIRPF zwingend einen Kausalzusammenhang zwischen dem Umzug nach Spanien und der Geschäftsführerbestellung erfordert. Daher führte der Nichtnachweis dieser Kausalität, zum Verlust des Rechts auf Inanspruchnahme. Es handelt sich dabei um eine Tatsachen-Voraussetzung, die in jedem Einzelfall nachgewiesen werden muss.
Im der verbindlichen Auskunft zu Grunde liegen Fall
- war der Auskunftsteller nicht in Spanien steuerlich ansässig und zog am 26. August 2024 nach Spanien.
- erwarb er am 2. September 2024 eine spanische Gesellschaft mit beschränkter Haftung (sociedad limitada), deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer er ist und für deren Tätigkeit er eine Vergütung erhält.
- ist Zweck dieser Gesellschaft der einer Holding (Verwaltung von Beteiligungen (Wertpapieren) am Eigenkapital von ansässigen und nicht ansässigen Unternehmen).
- diente der Umzug dem Zweck, einen wesentlichen Teil der Geschäfte der Holdinggesellschaft von Spanien aus zu verwalten.
Gemäß der Anfrage scheint die Kausalitätsvoraussetzung erfüllt zu sein, sofern das die zeitliche und kausale Beziehung der Bestellung, der Entscheidung zum Umzug und der tatsächlichen Ausübung der Geschäftsführung von Spanien aus nachgewiesen werden können.
2.2 (Nicht-)Einstufung als Vermögensverwaltungsgesellschaft
Die zweite wesentliche Voraussetzung für die Anwendung des Beckham Law im Falle von Geschäftsführern ist nach Auffassung der DGT, dass die Gesellschaft nicht als Vermögensverwaltungsgesellschaft im Sinne des Artikels 5.2 LIS eingestuft wird.
Als Vermögensverwaltungsgesellschaft im Sinne dieses Artikels gilt eine Gesellschaft, mit wenigen Ausnahmen, dann, wenn sie keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht, d.h. wenn mehr als die Hälfte ihres Vermögens aus Wertpapieren besteht oder keiner wirtschaftlichen Tätigkeit gewidmet ist. Zu beachten ist, dass bestimmte Wertpapiere dabei nicht berücksichtigt werden, z.B. Beteiligungen, die mindestens 5 % des Gesellschaftskapitals eines Unternehmens entsprechen und mindestens ein Jahr lang gehalten und mit den entsprechenden materiellen und personellen Mittel aktiv verwaltet werden.
Im der verbindlichen Auskunft zu Grunde liegen Fall
- besteht der Zweck der spanischen Gesellschaft in der Verwaltung von Wertpapieren, die das Eigenkapital von Unternehmen repräsentieren, sowie dem Kauf, Halten, Tausch und Verkauf von Wertpapieren auf eigene Rechnung sowie der Leitung und Verwaltung von Tochtergesellschaften und Beteiligungsgesellschaften.
- ist der Auskunftsteller Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft
- sollen Beteiligungen an Start-ups von mindestens 5 % erworben werden, die jedoch keinesfalls mehr als 50% des Vermögens der Gesellschaft ausmachen werden.
Die DGT schließt, dass angesichts der Beschreibung des Sachverhalts davon auszugehen wäre, dass die Gesellschaft nicht als Vermögensverwaltungsgesellschaft anzusehen wäre und der Auskunftsteller daher das Beckham Law in Anspruch nehmen könnte. Sie unterstreicht jedoch, dass es sich um eine Tatsachenfrage handelt, in deren Rahmen die Umstände jedes Einzelfalls entsprechend mit den rechtlich zulässigen Mitteln zu belegen wären.
3. Schlussfolgerungen für die Praxis
Aus dieser verbindlichen Auskunft lassen sich für derartige Fälle folgende Empfehlungen ableiten:
- Analyse der Zusammensetzung der Bilanz der Gesellschaft, um zu überprüfen, dass nicht mehr als die Hälfte des Vermögens aus Wertpapieren besteht oder keiner wirtschaftlichen Tätigkeit gewidmet ist.
- Nachweis des Vorhandenseins einer „Organisation materieller und personeller Mittel”, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 5.1 LIS belegen.
- Gegebenenfalls Einholung einer (verbindlichen) Auskunft oder Stellungnahme, um die Einstufung als Vermögensverwaltungsgesellschaft zu verneinen.
Eine Anwendung des Beckham Law muss innerhalb von 6 Monaten nach Aufnahme der Tätigkeit, die bei der spanischen Sozialversicherung angemeldet wurde oder aus den Dokumenten hervorgeht, die die Aufrechterhaltung der Sozialversicherungsregelung des Herkunftslandes ermöglichen, ausdrücklich gegenüber der spanischen Steuerbehörde unter Verwendung des Standardformulars (aktuell: Formular 149) beantragt werden.
Die Regelung kann für 6 Jahre angewandt werden, d. h. für das Jahr des Umzugs sowie die 5 Folgejahre.
Allerdings können sich ändernde Lebensumstände zum Verlust oder einem zwingenden Verzicht auf das Recht auf Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen führen, z.B. im Falle der Beendigung der Tätigkeit als Geschäftsführer oder einer Änderung der Struktur der Holding.
Zudem unterstreicht die DGT in diesem Zusammenhang, dass die Einstufung als Vermögensverwaltungsgesellschaft eine Tatsachenfrage ist. Dies bedeutet, dass auch wenn die Einstufung der jeweiligen Gesellschaft zunächst verneint wurde, sich diese ändern kann und daher regelmäßig überprüft werden sollte. Vor diesem Hintergrund kommt Vermögensplanung sowie Quantifizierung und Qualifizierung der Vermögenswerte der Gesellschaft eine Schlüsselrolle zu, um zu vermeiden, dass sie als Vermögensverwaltungsgesellschaft eingestuft wird, was Auswirkungen auf die Inanspruchnahme des Beckham Law hätte.
Im Hinblick auf eine Inanspruchnahme und das Risiko des Ausschlusses vom Beckham Law gesondert zu prüfen, wären Fälle, in denen die jeweilige Person neben ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer auch eine eigene Geschäftstätigkeit ausübt oder Einkünfte aus (frei-)beruflichen Tätigkeiten erzielt, die nicht mit ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer in Gesellschaften mit mehr als 25 % Kapitalanteil in Verbindung stehen und mit persönlichen oder materiellen Mitteln in Spanien verbunden sind.