Die OECD definiert neue Regeln für die Homeoffice-Betriebsstätte

Veröffentlicht am 21.11.2025
  • Veröffentlichung eines neuen Leitfadens für multinationale Unternehmen mit Mitarbeitern im Homeoffice im Ausland.
  • Einführung der „50-%-Regel” und des „geschäftlichen Grunds“ mit Blick auf die Begründung einer Betriebsstätte für den Arbeitgeber im (ausländischen) Wohnsitzland des Mitarbeiters.
Víctor Manzanares Saínz Betriebswirt & Steuerberater +34 91 319 96 86

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat einen entscheidenden Schritt unternommen, um eine der größten steuerlichen Herausforderungen der Zeit nach der Pandemie zu klären: das Risiko, dass grenzüberschreitende Telearbeit (Homeoffice) eine Betriebsstätte für den Arbeitgeber im Wohnsitzland des Mitarbeiters begründen könnte.

Die neuen Kommentare zu Artikel 5 OECD-MA (veröffentlicht am 19. November 2025) bieten lang erwartete Leitlinien für Unternehmen mit hybriden und globalen Arbeitsmodellen. Sie definieren zwei Prüfungen, eine quantitative – die „50-%-Regel”- und eine qualitative – den „geschäftlicher-Grund”-Test -, um zu beurteilen, ob der Wohnsitz eines Mitarbeiters (oder ein anderer persönlicher Raum) eine Betriebsstätte des Arbeitgebers begründen könnte.

In einem ersten Schritt wird dabei die Arbeitszeit des betroffenen Mitarbeiters im Homeoffice gemessen. Wäre ein Mitarbeiter innerhalb von 12 Monaten weniger als 50 % seiner Gesamtarbeitszeit von seinem Homeoffice im Ausland aus tätig, würde dieser Ort (Wohnsitz des Mitarbeiters oder anderer persönlicher Raum) in der Regel nicht als Geschäftseinrichtung (und somit nicht als Betriebsstätte) des Unternehmens betrachtet.

Bei Erreichen oder Überschreiten dieser 50-%-Schwelle hingegen würde der jeweilige Ort als ausreichend „fest” angesehen, um anhand der zweiten Prüfung zu ermitteln, ob dieser eine Betriebsstätte begründen würde. Ausschlaggebend ist dabei, ob es einen geschäftlichen Grund (commercial reason) für das Unternehmen gibt, den Mitarbeiter von diesem Staat aus arbeiten zu lassen.

Ein geschäftlicher Grund, und damit ein höheres Risiko der Begründung einer Betriebsstätte für den Arbeitgeber, läge dann vor, wenn die physische Anwesenheit des Mitarbeiters im Ausland die Tätigkeit des Unternehmens erleichterte und er Tätigkeiten ausübte, die über vorbereitende oder unterstützende Tätigkeiten hinausgingen. Dazu gehörten bspw. regelmäßige physische Treffen (mehr als einmal pro Quartal) mit Mandanten oder Lieferanten in diesem Staat.

Kein geschäftlicher Grund – und somit ein geringeres Betriebsstättenrisiko – stellte bspw. der Umstand dar, dass die Homeoffice-Vereinbarung ausschließlich als Kosteneinsparungsmaßnahme für den Arbeitgeber oder als Zugeständnis zur Bindung des Mitarbeiters umgesetzt wird.

Die Neuregelung ist eine eindeutige Verbesserung, da sie Unternehmen einen klareren Rahmen für die Bewertung ihres Steuerrisikos im Zusammenhang mit einer Homeoffice-Betriebsstätte und ggf. Anpassung ihrer internen Richtlinien zur flexiblen Arbeit bietet.

Das Update der Kommentare lässt jedoch die alte Kontroverse über ihre rückwirkende Anwendung wieder aufleben, da die meisten Doppelbesteuerungsabkommen vor dieser Veröffentlichung geschlossen wurden.

Es bleibt daher abzuwarten, ob die nationalen Steuerbehörden und Gerichte dem Grundsatz der dynamischen Auslegung folgen werden, um die alten Doppelbesteuerungsabkommen mit diesen neuen Leitlinien zu interpretieren.

Unsere Kanzlei empfiehlt multinationalen Unternehmen, ihre Homeoffice-Richtlinien dringend zu überprüfen, um die Einhaltung dieser neuen Standards sicherzustellen, und unterstützt sie gerne bei den entsprechenden Prüfungen und ggf. Änderungen durch unsere fachkundigen Steuerberater.