Ein Baustein für eine neue Unternehmenslandschaft in Spanien: der Gesetzesentwurf zu gesellschaftlichen Umwandlungen

Veröffentlicht am 26.06.2023

Am 14. Februar 2023 passierte der Gesetzesentwurf zu gesellschaftlichen Umwandlungen (der „Gesetzesentwurf“) den spanischen Ministerrat. Mit ihm soll die EU-Richtlinie 2019/2121 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der EU-Richtlinie 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen umgesetzt werden.

Es steht außer Frage, dass es der EU bisher an einer tiefergehenden gesellschaftsrechtlichen Einheitlichkeit und Abstimmung mangelte. In der Praxis beförderte dies Rechtsunsicherheit und rechtliche Zersplitterung. Dies machte Regelungen für eine Harmonisierung innerhalb der EU erforderlich, um den Binnenmarkt und die unternehmerische Niederlassungsfreiheit zu stärken. Beantwortet wurde dieser Bedarf mit der 2019 erlassenen Umwandlungsrichtlinie.

Der Gesetzesentwurf zu gesellschaftlichen Umwandlungen dient nun der Umsetzung dieser Umwandlungsrichtlinie. Er will einen klaren, vorhersehbaren Rechtsrahmen schaffen, der Unternehmensumwandlungen einfacher und schneller umsetzbar machen soll. Ziel ist die Förderung des Wettbewerbs zwischen Unternehmen sowie der Investitionstätigkeit in einem Rahmen, der Rechtssicherheit für die beteiligten Parteien sicherstellt. Nachfolgend gehen wir auf die Hauptpunkte des Gesetzesentwurfes und seine möglichen Auswirkungen für Unternehmen ein.

Wesentliche Punkte und Neuerungen des Gesetzesentwurfs zu gesellschaftlichen Umwandlungen in Spanien

  • Die grenzüberschreitende Sitzverlegung wird nun als grenzüberschreitender Formwechsel (transformación transfronteriza) bezeichnet.
  • Der Gesetzesentwurf sieht neue Restrukturierungsformen vor, u.a. Aufspaltung (escisión total) und Abspaltung (escisión parcial), Ausgliederung (segregación) von Aktiv- und Passivvermögen sowie die Umwandlung von Verbindlichkeiten in Kapital und die finanzielle Restrukturierung.
  • Die Verfahren für Verschmelzungen, Spaltungen, Formwechsel und sonstige Umwandlungen werden vereinfacht und verschlankt durch den Abbau administrativer Voraussetzungen und die Optimierung von Fristen.
  • Auch die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von grenzüberschreitenden Umwandlungen betroffen sind, werden gestärkt. Der Gesetzgeber sieht Schutzmaßnahmen mit dem Ziel vor, soweit wie möglich eine Weiterbeschäftigung sicherzustellen, und legt Garantien für den Kündigungsfall fest.
  • Gläubiger sollen durch die Einführung einer Veröffentlichungspflicht derartiger Umwandlungen und zusätzliche Sicherheiten vor Beginn des Verfahrens besser geschützt werden.
  • Die Sicherstellung der Transparenz solcher Umwandlungsverfahren soll auch zu einem besseren Schutz der Gesellschafter beitragen, zusammen mit der Einhaltung von Stimm-, Informations- und Beteiligungsrechten an maßgeblichen Entscheidungen.

Ferner weist der Gesetzesentwurf dem Handelsregisterrichter bei Unternehmensumwandlungen eine Schlüsselrolle zu, sodass seine Garantie- und Rechtssicherheitsfunktion noch umfassender als bisher zum Tragen kommt. Ziel des Gesetzesentwurfs ist eine umfassende Überprüfung der Umwandlungsdokumente, u.a. hinsichtlich der ordnungsgemäßen Aufklärung bzw. Zustimmung der Betroffenen, sowie die Verhinderung von betrügerischen Transaktionen.

Dass Unternehmen Internationalisierungschancen wahrnehmen, ist nicht neu. Das jüngste Beispiel, das in Spanien hitzig diskutiert wurde, ist die Sitzverlegung des Bauunternehmens Ferrovial in die Niederlande, die auch mit der Suche nach neuen, strategischen Geschäftsmöglichkeiten begründet wurde. Allerdings ist in einer immer stärker vernetzten Welt die Mobilität von Unternehmern immer mehr zu einer Schlüsselstrategie zur Nutzung von Wachstumschancen und Möglichkeiten der Erschließung ausländischer Märkte geworden. Die Etablierung in einem anderen Land ermöglicht nicht nur den Zugang zu neuen Kunden und Ressourcen, sondern kann auch mit signifikanten Wettbewerbsvorteilen verbunden sein. Der Gesetzesentwurf könnte daher einen Umbruch herbeiführen, indem er den Rahmen für internationale Expansions- und Wachstumsstrategien setzt und Chancen zur Erschließung neuer Märkte, der Diversifizierung von Risiken und dem Erwerb von Wissen und strategischen Ressourcen bietet.