Herausforderungen für die künstliche Intelligenz und die Rechte des geistigen Eigentums

Veröffentlicht am 25.07.2023

Es ist unbestreitbar, dass die künstliche Intelligenz (im Folgenden KI) unsere Welt revolutioniert und dass der Schutz von Werken, die mit Hilfe dieser Technologie geschaffen wurden, eine große rechtliche Herausforderung darstellt.

Es gibt keine einheitliche Definition von KI, aber man könnte sagen, dass es sich um einen Teilbereich der Informatik handelt, der darauf abzielt, Maschinen und Programme zu schaffen, die Aufgaben ähnlich wie ein Mensch ausführen. Dazu sind große Datenmengen erforderlich, die von diesen Maschinen oder Programmen verarbeitet werden und die in der Lage sind, ein gewisses Maß an automatischem Lernen zu generieren und Entscheidungen auf autonomer Weise zu treffen.

Das Problem ergibt sich aus der generativen KI von Programmen wie ChatGPT, Dall-E, Midjourney usw., die in der Lage sind, Texte oder Bilder durch die Sammlung einer Vielzahl von Informationen zu generieren, und zwar auf der Grundlage der Benutzereingaben und Benutzerfragen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass durch die Programme keine rechtliche Prüfung vorgenommen wird, ob geistige Eigentumsrechte Dritter bestehen, ob die Nutzung des Programms die Privatsphäre eines anderen verletzt oder ob gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen wird.

In diesem Zusammenhang hat der österreichische Verband Autorinnen Autoren bereits gefordert, dass KI-Programme und -Systeme, die Texte schreiben können, wie z.B. ChatGPT, so lange gesperrt und den Nutzern vorbehalten bleiben, wie die Übereinstimmung mit den bestehenden Urheberrechtsbestimmungen nicht gewährleistet ist. Dies sei deswegen erforderlich, weil die Programme literarische Stile kopieren und Plagiate erstellen können[1].

Diese rechtlichen Fragestellungen werden in naher Zukunft immer häufiger zu beantworten und zu lösen sein, denn wir sehen eine wachsende Zahl von Klagen gegen KI-Unternehmen wegen der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums bei der Entwicklung ihrer Systeme[2]. Die Lösung könnte darin bestehen, in KI-Programmen Algorithmen einzurichten, durch welche die Urheberrechte und Daten Dritter berücksichtigt werden, um einen Verstoß gegen die urheberrechtlichen Bestimmungen zu vermeiden oder sogar, um eine Lizenzgebühr bzw. eine Entschädigung an den Rechtsinhaber zu zahlen.

Rechtlich gesehen zielt das Gesetz zum Schutz des geistigen Eigentums darauf ab, die von Künstlern, Autoren oder anderen Schöpfern geschaffenen Werke zu schützen und sicherzustellen, dass diese nicht ohne die vorherige Genehmigung des Schöpfers verwendet werden. Außerdem besagt das Gesetz, dass Schöpfungen durch das Urheberrecht geschützt sind, wenn sie originell sind. Damit eine solche Originalität gegeben ist, ist ein menschlicher Urheber erforderlich.

Folglich können wir feststellen, dass durch generative KI geschaffene „Werke“ die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für den Schutz durch das Urheberrecht nicht erfüllt werden, da sie nicht als Werke angesehen werden können und nicht die Voraussetzungen der Originalität erfüllen. Der EuGH hat in seiner Entscheidung in der Rechtssache C-145/10 festgestellt, dass ein Werk dann als originell gilt, wenn es „eine geistige Schöpfung des Urhebers ist, in der dessen Persönlichkeit zum Ausdruck kommt und die sich in dessen bei ihrer Herstellung getroffenen freien kreativen Entscheidungen ausdrückt.“[3]

Wenn solche KI-„Kreationen“ nicht durch geistiges Eigentum geschützt sind, könnten wir daher zu dem Schluss kommen, dass sie der Allgemeinheit und nicht dem Individuum vorbehalten sind und jeder sie für seine eigenen Interessen nutzen kann, obwohl vielfach die Meinung vertreten wird, dass diese Kreationen eines Schutzes bedürfen.

Der Grund dafür ist, dass neue Arten von KI-gesteuerter Kreativität sehr relevante kommerzielle Auswirkungen haben werden[4]. Wird der urheberrechtliche Schutz versagt und können Werke frei genutzt werden, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit dazu kommen, dass Investitionen in diese Art von Technologien zurückgehen und nicht getätigt werden, weil sie nicht wirtschaftlich und rentabel sind. Es ist wirtschaftlich sinnlos, Millionen in Technologien zu investieren, aus denen bestimmte Werke hervorgehen, die aber anschließend nicht monopolisiert und wirtschaftlich verwertet werden dürfen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Regulierung in diesem Bereich entwickelt.

Unbeschadet der obigen Ausführungen ist anzumerken, dass der Urheberrechtsschutz für computergenerierte Werke nicht in Frage stand, da die Software lediglich ein Werkzeug zur Unterstützung des kreativen Prozesses war. Bei den neuesten Formen der KI ist die Software jedoch kein Werkzeug mehr, sondern trifft Entscheidungen ohne menschliches Zutun.

Klar ist, dass es in diesem Bereich noch viele offene Fragen gibt. Angesichts der fehlenden rechtlichen Regulierung arbeitet die Europäische Union an einem Gesetzesentwurf zur Regelung der Nutzung von KI (geplant für 2024)[5], durch welchem der derzeitigen Unsicherheit ein Ende gesetzt werden soll. Da davon ausgegangen werden muss, dass sich die KI weiterentwickeln und die Technologie noch komplexer werden wird und die durch Maschinen generierten Werke an Kreativität gewinnen werden, muss der Versuch der Regulierung durch die Kommission erst als anfängliche Regulierung gesehen werden, die ebenfalls der Weiterentwicklung bedarf, um sowohl den Urheberschutz als auch die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.

Die Sicherheit der Bürger ist deshalb betroffen, weil die Technologie in der Lage sein wird, Bilder, Videos und Stimmen von realen Personen mit einem hohen Detailgrad zu erstellen und zu kopieren, wodurch kriminelle Handlungen gegen unschuldige Personen und Grundrechtsverletzungen provoziert werden könnten.

Wir werden auf jeden Fall beobachten, wie sich diese Technologie entwickelt und hoffen darauf, dass die Gesetzgebung der Staaten endlich beginnt, die Entwicklung und Anwendung der KI zu regulieren.

[1] WR und JGB, „Escritores de Austria piden bloquear ChaGPT hasta aclarar derechos de autor“ veröffentlicht in der spanischen Tageszeitung La Vanguardia im April 2023 (https://www.lavanguardia.com/vida/20230412/8890569/escritores-austria-piden-bloquear-chatgpt-aclarar-derechos-autor.html)

[2] Gonzalo, M. „ChatGPT, Midjourney y las IA generativas tienen un problema de propiedad intelectual”, veröffentlicht auf der Webseite des spanischen Faktencheckers Newtral, im April 2023, (https://www.newtral.es/ia-generativas-propiedad-intelectual-chatgpt-midjourney/20230423/)

[3] Urteil der Dritten Kammer des EuGH vom 1. Dezember 2011, in der Rechtssache C-145/10, Eva-Maria Painer gegen Standard VerlagsGmbH und andere.

[4] Guadamuz, A., “La inteligencia artificial y el derecho de autor”, veröffentlicht in Ompi Revista, im Oktober 2017. (https://www.wipo.int/wipo_magazine/es/2017/05/article_0003.html).

[5] “KI-Gesetz: erste Regulierung der künstlichen Intelligenz“, veröffentlicht auf der Webseite des Europäischen Parlamentes (Aktuelles) im Juni 2023. (https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/society/20230601STO93804/ki-gesetz-erste-regulierung-der-kunstlichen-intelligenz)