Reform des spanischen Verfahrensrechts: Neuregelung der mündlichen Verhandlung für mehr Effizienz

Veröffentlicht am 01.04.2025

Die Reform der spanischen Zivilprozessordnung (Ley de Enjuiciamiento Civil, LEC), die die spanische Justiz effizienter machen soll, umfasst auch eine Neuregelung des mündlichen Verfahrens (juicio verbal). Die wesentlichen Ziele der Neuregelung sind die Optimierung von Verfahrensfristen und die Verschlankung bestimmter Verfahren(sschritte), die zuweilen die Beilegung der Streitsachen verzögert haben. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Aspekte dieser Neuregelung dar.

Schriftliches Zwischenverfahren: ein Schritt zur Beschleunigung des mündlichen Verfahrens

Eine der wichtigsten Neuerungen im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung ist die Einführung eines schriftlichen Zwischenschritts nach Klageerwiderung. Im Rahmen dieses in Artikel 438.8 LEC neu aufgenommenen Zwischenverfahrens setzt das Gericht nach Klageerwiderung eine fünftägige Frist für die Stellung der Beweisanträge seitens beider Parteien sowie mögliche Einwendungen gegen die von dem Beklagten erhobenen Einreden.

Damit sollen unnötige Verzögerungen des Verfahrens vermieden werden. Allerdings ist damit zu rechnen, dass die Parteien diese Frist zur Stellung der Beweisanträge und der Erhebung von Einwendungen gegen Einreden ausreizen werden.

Anfechtung von Beweismitteln: eine dreitägige Frist

Ficht eine Partei die vorgelegten Beweise an, setzt das Gericht der anderen Partei eine zusätzliche Frist von drei Tagen, um auf die Anfechtung zu reagieren. Diese Phase ist wichtig, um sicherzustellen, dass alle Beweise im Einklang mit den geltenden Vorschriften vorgelegt und zugelassen werden.

Eine neue Sicht auf die Verhandlung

Das neue Gesetz enthält auch eine wichtige Änderung bezüglich der mündlichen Verhandlung (vista): Das Gericht kann per Beschluss entscheiden, keine mündliche Verhandlung abzuhalten, wenn es diese nicht für erforderlich hält, selbst wenn die Parteien dies beantragen, z.B. wenn keine relevanten Beweise vorzulegen oder zu erörtern sind. Dadurch entfällt die Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung und sie ist nicht länger Voraussetzung für das Zustandekommen des Urteils.

Diese Änderung spiegelt eine wesentliche Neuausrichtung des mündlichen Verfahrens wider, mit der die Verfahrenseffizienz gesteigert und vermieden werden soll, dass unnötige Schritte Verfahren in die Länge ziehen, ohne ihnen neue Elemente hinzuzufügen.

Die Reform stellt auch klar, dass die Entscheidung über die Sachdienlichkeit der mündlichen Verhandlung nicht den Parteien, sondern dem Gericht, auf der Grundlage der zugelassenen Beweise, obliegt. Dem Richter wird mehr Entscheidungsbefugnis bei der Festlegung der Verfahrensschritte eingeräumt und ermöglicht so eine flexiblere Verfahrensabwicklung. Das bedeutet: Die mündliche Verhandlung vor Gericht wird nur dann anberaumt, wenn dies unbedingt erforderlich ist.

Das Gericht und geeignete Mittel der Streitbeilegung

Im Einklang mit der allgemeinen Ausrichtung der Reform, die außergerichtliche Streitbeilegung zu fördern, führt Artikel 443 LEC eine interessante Option ein: Vor Beginn der Beweisaufnahme kann das Gericht den Parteien die Möglichkeit anbieten, die Sache an ein geeignetes Mittel der Streitbeilegung (ADR) zu verweisen. Diese Alternative kann erhebliche Auswirkungen entfalten, da das Verfahren, wenn beide Parteien zustimmen, vorübergehend ausgesetzt wird, um eine Einigung zu erzielen, ohne dass eine mündliche Verhandlung erforderlich ist.

Führen die gewählten außergerichtlichen Verhandlungen bzw. Mittel der Streitbeilegung zu einer vollständigen Einigung, kann das Gericht das Verfahren einstellen, sofern eine gerichtliche Anerkennung der Einigung beantragt wird. Wird nur eine Teileinigung oder keine Einigung erzielt, hebt das Gericht die Aussetzung auf und setzt das Gerichtsverfahren fort.

Persönliche Gespräche und Videokonferenzen

Die Gesetzesreform wirkt sich auch auf den Ablauf der mündlichen Verhandlung aus. Die Parteien können, sofern das Gericht diese Möglichkeit beschließt, nicht nur persönlich erscheinen, sondern auch per Videokonferenz teilnehmen. Dies bringt mehr Flexibilität in die Gerichtsverfahren und ermöglicht den Parteien eine leichtere und reisefreie Teilnahme, was zur Senkung der Verfahrenskosten und Beschleunigung des Verfahrens beiträgt.

Mündliche Urteile, schnellere Entscheidungen

Einer der auffälligsten Aspekte der Reform ist die Möglichkeit, Urteile mündlich zu fällen. Diese Option könnte vor allem bei einfacheren Streitigkeiten von Bedeutung sein, wenn der Richter der Ansicht ist, dass er bereits über alle erforderlichen Elemente für eine Entscheidung verfügt. Das mündlich verkündete Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt abgefasst, was eine schnellere Beilegung des Rechtsstreits ermöglicht. Wenn die Parteien keine Rechtsmittel einlegen, wird das Urteil rechtskräftig.

Schlussfolgerung: schnellere und flexiblere mündliche Verfahren

Die Neuregelung des mündlichen Verfahrens entsprechen in ihrer Ausrichtung den allgemeinen Zielen der Reform des LEC mit einem klaren Schwerpunkt auf Effizienz und Verfahrensvereinfachung. Die Möglichkeit, unnötige mündliche Verhandlungen zu vermeiden, das schriftliche Zwischenverfahren, die Förderung alternativer Mittel der Streitbeilegung und die Einbeziehung der verfügbaren Technologie in die Anhörungen sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einem agileren, flexibleren und für alle zugänglicheren Justizsystem.

Allerdings wird es – wie im Rahmen einer jeden Gesetzesreform – auf die Umsetzung der Neuregelungen in der Praxis ankommen und darauf, ob sie das Ziel einer schnelleren und besseren gerichtlichen Streitbeilegung erreichen. Unbestreitbar ist, dass diese Reform das Potenzial hat, den Zugang zur Justiz erheblich zu verbessern und die Arbeitsbelastung der Gerichte zu verringern, was allen Beteiligten zugute kommen wird.