COVID-19 und gewerbliche Mietverhältnisse in Spanien – Update 01/2021

Veröffentlicht am 14.01.2021

Im Zusammenhang mit dem in Spanien am 25. Oktober 2020 erneut verhängten Alarmzustand wurden zum Jahreswechsel 2020/21 auch spezifische Maßnahmen für spanische Gewerbemietverhältnisse erlassen.

Mónica Regaño Aguirre Abogada & Rechtsanwältin +34 91 319 96 86

Nachdem in Spanien bereits am 25. Oktober 2020 mittels Königlichen Dekrets (Real Decreto 926/2020, de 25 de octubre) erneut ein landesweit geltender Alarmzustand ausgerufen wurde, der gegenwärtig bis zum 9. Mai 2021 in Kraft bleiben soll, hat die spanische Regierung mittels des Königlichen Gesetzesdekrets 35/2020 vom 22. Dezember (Real Decreto-Ley 35/2020, de 22 de diciembre, nachfolgend “RDL 35/2020”), nun ein weiteres Mal konkrete Maßnahmen im Hinblick auf die Erbringung der vom Mieter geschuldeten Leistungen im Rahmen gewerblicher Mietverhältnisse in Spanien erlassen.

Unterschiede / Gemeinsamkeiten zu früheren Bestimmungen

Die neue Regelung, die am 24. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, kann im Grundsatz als eine Verlängerung der Bestimmungen des Königlichen Gesetzesdekrets vom 21. April 2020 (Real Decreto-Ley 15/2020) angesehen werden, weist im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Optionen jedoch einen entscheidenden Unterschied auf:

Konnten die Mieter spanischer Gewerbemietverträge unter der vorherigen Regelung „lediglich“ einen Mietaufschub beantragen, sieht das jüngste Gesetzesdekret nun auch die Alternative einer Mietreduzierung um 50% vor.

Voraussetzungen der Anwendbarkeit

  1. Zunächst ist zu beachten, dass die im RDL 35/2020 festgelegten Maßnahmen nur im Falle des Fehlens einer spezifischen Einigung der Parteien greifen, d.h. sie finden keine Anwendung, wenn Mieter und Vermieter vor dem Hintergrund der Pandemie bereits eine Vereinbarung bezüglich Mietaufschub oder Mietreduzierung getroffen haben.

Liegt eine solche spezifische Einigung zwar vor, umfasst diese jedoch nicht die gesamte Dauer des Alarmzustandes, so können die Maßnahmen des RDL 35/2020 ab dem Ende des mit der spezifischen Vereinbarung abgedeckten Zeitraums zur Anwendung kommen.

  1. Weiterhin gelten die Regelungen des RDL 35/2020 erneut nicht für alle gewerblichen Mietverhältnisse in Spanien, sondern nur für diejenigen Mietverträge, deren Parteien folgende Voraussetzungen erfüllen:
  1. a) Anforderungen an den Mieter: Beim Mieter muss es sich um (i) ein kleines oder mittelständisches Unternehmen (PYME) oder einen Selbstständigen handeln, der (ii) von einer gesetzlich angeordneten Aussetzung seiner Aktivität betroffen sein oder drastische Umsatzeinbußen (mindestens 75% weniger als im Monatsdurchschnitt des entsprechenden Vorjahresquartals) erlitten haben muss.
  1. b) Anforderungen an den Vermieter: Der Vermieter muss dagegen ein sog. „Großvermieter“, ein Unternehmen oder eine öffentliche Einrichtung sein. Als Großvermieter gelten hierbei Vermieter städtischer Immobilien, die mehr als 10 städtische Immobilien (ohne Garagen und Lagerräume) oder insgesamt eine bebaute Fläche von mehr als 1.500 m2 halten.

Inhalt der Maßnahmen

Werden die zuvor genannten Voraussetzungen erfüllt, kann der Mieter eines spanischen Gewerbemietvertrages bis zum 31. Januar 2021 folgende Erleichterungen im Hinblick auf seine Pflicht zur Erbringung des geschuldeten Mietzinses bei seinem Vermieter beantragen, wobei sogenannte „der Miete gleichgestellte Beträge” (Gemeinschaftskosten, IBI, etc.) ausdrücklich ausgenommen sind:

  1. a) Mietreduzierung um 50 % während der Dauer des Alarmzustandes und seiner etwaigen Verlängerungen. Diese Mietreduzierung kann monatsweise verlängert werden, sofern der Mieter weiterhin die erforderlichen Bedingungen erfüllt, bis maximal 4 weitere Monate; oder
  1. b) Zahlungsaufschub für die Miete während der Dauer des Alarmzustandes, seiner etwaigen Verlängerungen und maximal 4 weitere Monate. Die aufgeschobenen Beträge sind jedoch innerhalb von 2 Jahren nach Ende des Alarmzustandes und in jedem Falle innerhalb der Laufzeit des jeweiligen spanischen Gewerbemietvertrages (sofern diese kürzer sein sollte, als die genannte 2-Jahres-Frist) an den Vermieter zu zahlen.

Wahlrecht des Vermieters

Der Vermieter kann sich für eine der beiden Optionen entscheiden, wobei er seine Entscheidung dem Mieter innerhalb von 7 Werktagen ab der beweiskräftig erfolgten Antragstellung mitteilen muss. Die vom Vermieter bevorzugte Maßnahme findet dann auf die nächste (d.h. auf die auf das genannte Fristende folgende) Monatsmiete Anwendung.

Reagiert der Vermieter dagegen nicht innerhalb der Frist auf den Antrag des Mieters, findet die vom Mieter beantragte Alternative Anwendung.

Freiwillige Anwendung

Erfüllt der Vermieter eines spanischen Gewerbemietvertrages die oben genannten Anforderungen nicht, ist er auch nicht zur Gewährung des Zahlungsaufschubes oder der Mietreduzierung verpflichtet. Das RDL 35/2020 sieht jedoch einen Steueranreiz für die Anwendung einer dieser beiden Alternativen vor.

Weiterhin können die Parteien im Falle einer freiwilligen Anwendung auch die Mietkaution zur Begleichung einiger Monatsmieten verwenden, wobei der Mieter die so reduzierte Kaution innerhalb eines Jahres oder bei kürzeren Laufzeiten vor Vertragsablauf wieder aufstocken muss.

Ausschluss

Ausgeschlossen ist die Anwendung der beschriebenen Maßnahmen schließlich dann, wenn sich der Vermieter in einem laufenden Insolvenzverfahren befindet oder aufgrund der Anwendung dieser Maßnahmen die Gefahr der Insolvenz für den Vermieter besteht.

Fazit

Im Vergleich zu den im April 2020 erlassenen Maßnahmen geht die Regierung nun einen Schritt weiter und stellt im Hinblick auf gewerbliche Mietverhältnisse in Spanien neben dem Aufschub der Mietzahlungspflicht auch eine Reduzierung des Mietzinses als Alternative zur Verfügung, wobei der Vermieter jedoch immerhin entscheiden kann, welche der beiden Alternativen letztlich zur Anwendung kommen soll.

Viele Parteien gewerblicher Mietverhältnisse werden zwischenzeitlich jedoch ohnehin spezifische Vereinbarungen getroffen haben, um eine einvernehmliche Lösung der pandemiebedingten Probleme zu erreichen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Mieter ggf. versuchen werden, getroffene Vereinbarungen anzufechten, wenn die gesetzlichen Maßnahmen für sie günstiger erscheinen, und ob spanische Gerichte diesbezüglichen Forderungen folgen.

Da der Alarmzustand weiterhin noch über mehrere Monate bis mindestens zum 9. Mai 2021 aufrechterhalten wird und nicht abzusehen ist, ob eine weitere Verlängerung ggf. notwendig wird, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber in der Zukunft zusätzliche Regelungen im Rahmen gewerblicher Mietverhältnisse in Spanien erlässt.