Rabatte ja, volle Läden nein – Die spanische Regierung korrigiert die Ablehnung des Rabattverbotes in Phase 1 durch die Einzelhändler

Veröffentlicht am 20.05.2020

Die zweite Zusatzbestimmung des vom spanischen Gesundheitsministerium erlassenen Ministerialerlasses SND/399/2020 vom 9. Mai zur Lockerung bestimmter Beschränkungen auf nationaler Ebene, die nach der Erklärung des nationalen Alarmzustands in Anwendung der Phase 1 des Plans für den Übergang zu einer neuen Normalität eingeführt wurde (siehe unter https://www.boe.es/eli/es/o/2020/05/09/snd399), sorgte bei den spanischen Einzelhändlern für große Verwirrung und weckte zudem Zweifel in Bezug auf die Umsetzung dieses Verbots.

Die zweite Zusatzbestimmung des vom spanischen Gesundheitsministerium erlassenen Ministerialerlasses SND/399/2020 vom 9. Mai zur Lockerung bestimmter Beschränkungen auf nationaler Ebene, die nach der Erklärung des nationalen Alarmzustands in Anwendung der Phase 1 des Plans für den Übergang zu einer neuen Normalität eingeführt wurde (siehe unter https://www.boe.es/eli/es/o/2020/05/09/snd399), sorgte bei den spanischen Einzelhändlern für große Verwirrung und weckte zudem Zweifel in Bezug auf die Umsetzung dieses Verbots. Denn es wurde hiernach festgelegt, dass Betriebe während der Phase 1 keine Werbung machen oder kommerzielle Aktionen ankündigen oder durchführen dürfen, die zu Agglomerationen führen könnten, sowohl innerhalb der kommerziellen Einrichtung als auch in ihrer Umgebung. Diese Beschränkung hat keinen Einfluss auf Verkaufsverkäufe, Angebote oder Werbeaktionen, die über die Website getätigt werden. Der Online-Handel wurde mithin von dieser Beschränkung ausgenommen.

Es werde Rabattaktionen in physischen Geschäften geben

Das Rabattverbot für den physischen Handel stellte einen harten Schlag für die Händler dar, denn obwohl die Verkäufe erst für Juli geplant seien, erwarteten viele Händler, dass sie durch diese Art von kommerziellen Aktionen und Rabattangeboten den Verkauf ankurbeln und den aufgrund der bereits zweimonatigen Schließung der Geschäfte während der Quarantänezeit angesammelten und überschüssigen Lagerbeständen abbauen könnten. Darüber hinaus stelle die Ausnahme der Anwendung des Verbotes auf den Online-Handel vor allem für kleine Unternehmen, die nicht über einen Online-Verkauf verfügen, eine Diskriminierung und eine Art Strafe dar, der durch die Coronavirus-Krise einen Rückgang von 70% erlebt hat.

Trotz der anfänglichen Unsicherheit hatten sich daraufhin nur wenige Händler gegen Rabatte gewehrt. Ketten wie Women’secret, Scalpers, Bimba und Lola, Sfera und Parfois hatten in der vorherigen Woche in Städten wie A Coruña (Phase 1) mit Rabatten von bis zu 50 % geworben und eröffnet. Auch hatte das spanische Handelsministerium öffentlich seine Auslegung des Rabattverbots erklärt, dass die Maßnahme nicht als Verbot des Verkaufs oder der Verkaufsförderung selbst ausgelegt werde, da dies eine Änderung des Einzelhandelsgesetzes erfordern würde, die nicht erfolgt sei, sondern dass es weiterhin möglich sei, Rabatte und Verkaufsförderungsmaßnahmen in physischen Einrichtungen durchzuführen, sofern diese in der Lage seien, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine dadurch bedingte Überfüllung der Läden zu verhindern. Es müsse innerhalb der Geschäfte auf jeden Fall die festgelegten Kapazitätsbegrenzungen (30 % in der ersten Phase, 40 % in der zweiten und 50 % in der dritten Phase) sowie der in dem Ministerialerlass 399/2020 vom 9. Mai festgelegte Sicherheitsabstand eingehalten werden können.

Allerdings bekräftigte das Gesundheitsministerium aufgrund der entstandenen Zweifel über die Auslegung der Maßnahme ihr Verbot: Es werde keine Rabattaktionen in physischen Geschäften geben.

Der Kampf des Textilsektors gegen die erlassene Verkaufsbeschränkung

Dies brachte das Fass zum Überlaufen und die einzelnen Stimmen in der Modebranche wurden immer lauter und wehrten sich gegen diese festgelegte allgemeine Verkaufsbeschränkung.

Der spanische Unternehmerverband des Textil-, Accessoire- und Lederhandels Acotex, der sich für die Verteidigung der Interessen des Modegeschäfts einsetzt, verfasste daraufhin ein Schreiben an den Gesundheitsminister Salvador Illa, in dem er die Regierung aufforderte, „es jedem Unternehmen zu gestatten, so zu handeln, wie es in Bezug auf seine Preispolitik für geschäftsmäßig hält, indem es Rabatte oder Werbeaktionen in den physischen Geschäften zulässt, um einen Halbjahresvorrat freizugeben“.

In dem Schreiben wies Acotex zudem darauf hin, dass sie weder von der Regierung vorab über eine solche Maßnahme dieser Größenordnung konsultiert wurden, noch ein Dialog stattfand und sie es für einen Skandal hielten, wenn die spanische Regierung aus Gründen der Agglomerationen Reduzierungen verbietet, obwohl die spanische Regierung bereits Kapazitäts- und Kontrollbeschränkungen für dieselben in den Handelsbetrieben eingeführt habe. Zudem stellte Acotex klar, dass der Handel perfekt informiert und bereit sei, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit seiner Beschäftigten und Kunden in den Geschäftsräumlichkeiten zu gewährleisten.

Korrektur der Verkaufsbeschränkung durch das Gesundheitsministerium

Das Gesundheitsministerium korrigierte sich nun nach der erfolgten Kampfansage der einzelnen Gruppen des Textilsektors selbst und führte eine Reihe von Korrekturen an den für Phase 1 festgelegten Regeln ein, die am 16. Mai im Offiziellen Staatsblatt (BOE) veröffentlicht wurde und die die Lockerung der in Phase 2 der Deeskalation vorgesehenen Maßnahmen beinhaltet.

In der dritten Zusatzbestimmung des Ministerialerlasses SND/414/2020 vom 16. Mai zur Lockerung bestimmter nationaler Beschränkungen, die nach der Erklärung des Alarmzustands in Anwendung der Phase 2 des Plans für den Übergang zu einer neuen Normalität festgelegt wurden, heißt es nun: „Handels- oder Werbeaktionen, die von gewerblichen Einrichtungen durchgeführt werden, müssen mit Maßnahmen einhergehen, die sicherstellen sollen, dass keine Agglomerationen entstehen, die die Einhaltung des Sicherheitsabstands oder der Kapazitätsgrenzen verhindern oder die anderen in dieser Reihenfolge vorgesehenen Maßnahmen beeinträchtigen würden, und es sind geeignete Maßnahmen zu ihrer Vermeidung zu treffen, einschließlich der sofortigen Einstellung der genannten Handels- oder Werbeaktionen, falls erforderlich.“ (https://www.boe.es/boe/dias/2020/05/16/pdfs/BOE-A-2020-5088.pdf)

Diese korrigierte Maßnahme fordert jedoch nun die „sofortige Einstellung solcher kommerziellen Aktionen, wenn nötig“, d.h. wenn sie zu Agglomerationen führen. Es liegt nach dieser angepassten Maßnahme nun an den einzelnen Händlern, Maßnahmen zu ergreifen, um Menschenansammlungen zu vermeiden, die die Einhaltung des Sicherheitsabstands und der Kapazitätsgrenzen verhindern oder die übrigen in dieser Reihenfolge festgelegten Maßnahmen beeinträchtigen.

Die Maßnahmen sollen zudem ab dem 18. Mai 2020 auch für die Orte gelten, die sich noch in Phase 0 befinden, sofern dadurch keine Agglomerationen entstehen. Dies betrifft die autonome Region Madrid, Barcelona und einen Teil von Kastilien und León.

Das Gesundheitsministerium hat in dem aktuellen Ministerialerlass vom 16. Mai 2020 nicht nur ihre Sichtweise auf die Rabattverkäufe geändert, sondern auch andere Einschränkungen reduziert. Die wichtigste betrifft den großflächigen Handelsbetrieb, der durch die Begrenzung der Fläche von 400 Quadratmetern in den Bereichen der Phase 1 eröffnet werden kann, was bisher nicht erlaubt war, solange sie die Kapazitätsbegrenzung auf 30 % beibehalten, einen Zeitplan für die vorrangige Aufmerksamkeit für die über 65-Jährigen aufstellen und den empfohlenen Abstand von zwei Metern zwischen den Personen garantieren.

In so heiklen Zeiten wie diesen, mit etwa 110.000 betroffenen Arbeitnehmern und mit Prognosen eines 70-prozentigen Konsumrückgangs bei der Wiedereröffnung der Geschäfte, ist es laut Acotex, dem Arbeitgeberverband der Textilindustrie, nicht hinnehmbar, dass die Regierung weiterhin übereilte Regeln ohne die Experten aufstellt. Das Hauptziel muss die Gesundheit sein, aber sehr eng gefolgt von dem Ziel, das Debakel eines so wichtigen Sektors wie der Modeindustrie in Spanien zu vermeiden. Maßnahmen wie die Verlängerung der ERTE oder die Möglichkeit, Mietverträge neu zu verhandeln, sind positiv, aber zeitlich begrenzt. Was den Sektor retten kann, ist die Förderung des Konsums, und zu diesem Zweck sind Rabatte ein Instrument, das sich im Laufe der Geschichte mehr als bewährt hat. Der Lebensunterhalt vieler Unternehmen und Familien ist hiervon betroffen.